Herbstanfang 2016
Seit längerem schon plant Friedrich von der Hanne einen SSS Ausbildungstörn mit unserer alten Dame. Diesen Herbst ist es endlich soweit und geplant sind 2 Wochen intensive Ausbildung zwischen Greifswald und Stralsund. Natürlich weiß keiner, wie die Prüfer auf einen Haikutter reagieren, aber trotzdem gibt es im Verein einige Interessenten und alle sind guten Mutes. So ein schönes, anspruchsvolles Schiff muss doch beeindrucken!
Leider springen kurz vor Beginn des Törns doch einige Segler ab, sodass im Endeffekt Friedrich als Skipper und eine 5-köpfige Crew aus Dortmundern und Greifswaldern bleibt. Da die Dortmunder sehr spontan dazu gekommen sind und das mit dem Urlaub nicht einfach war, reisen wir erst am Mittwoch an, sodass die anderen schon 2 Tage Vorsprung haben. Aber wir sind motiviert und freuen uns auf 10 lehrreiche Tage!
Donnerstag geht es dann mit der Ausbildung los. Da viel Wind angesagt ist und Friedrich ja die Hälfte der Crew nicht kennt und die Hälfte der Crew nicht das Schiff, befassen wir uns erstmal mit der technischen Ausstattung. Motor und Kühlwasserkreislauf kennenlernen, die Schalter für die kleine gelbe Lenzpumpe und die große rote testen und das Mittschiff mit der Handlenzeinrichtung bearbeiten. Und eh wir uns versehen – den Verschlusszustand des Bootes geprüft und die
W asser
O el
L uft
K raftstoff
E lektrizität
abgearbeitet, ist der erste Tag auch schon vorbei.
Freitag geht es dann endlich hinaus und wir legen die Basis für einen 2 Wochen andauernden Muskelkater. So eine Hanne hat dem menschlichen Körper schon etwas mehr entgegen zu setzen als eine klassische Yacht – und damit sind nicht nur die schweren, ohne Winschen zu bedienenden Segel, sondern auch die für einige ungewohnten Balken im inneren des (eigentlich sehr geräumigen) Schiffes gemeint.
Samstag geht es weiter mit einer Vielzahl an Hafenmanövern. Zwar ist unsere alte Dame beim kursgerechten Aufstoppen etwas eigensinnig, aber dafür zeigt sie sich sehr wendig beim Wenden auf engem Raum und gefällig beim An- und Ablegen mit Vor- oder Achterspring.
Sonntagnachmittag geht es dann um drei durch die Wieker Brücke in Richtung Stralsund, wo wir im Dunkeln ankommen und mit Navigation durch den gewundenen Straeler Sund viel zu tun haben. Zum ersten Mal nutzen wir gezielt das Radar und identifizieren die Tonnen anhand ihrer Kennung.
Ab Montag beginnt bei zunehmendem Wind das Üben im Prüfungsgebiet. Segelhandling, Muskelkater und erste MOB Manöver. Wir lernen die „wendeunwillige“ Hanne auszutricksen und den Besan back zu halten, bis die Hanne endgültig rum ist und keine Chance mehr hat wieder zurück zu wenden (was sie ganz gerne macht, auch wenn sie schon durch den Wind ist). Wir merken sehr schnell, dass eine Besatzung aus 6 Personen für eine Fahrt unter Segel (Sturmklüver, zeitweise Fock, Groß im 2. Reff und Besan) nicht direkt großzügig ist, wenn man viele Manöver fährt und die Arbeit an den Kräften zehrt. Da schätzt sich der Navigator unten am Radar glücklich, mal einen halben Tag „Pause“ zu haben.
Mittwoch gibt es dann für alle einen Theorietag. Die Windmesswerte Stralsund gehen bis auf 9 Bft NO, der Wasserstand ist 1m über dem Normalstand, das Schiff liegt mit Krängung im Hafen und hält 6 Festmacher permanent auf Zug und die Gischt kommt permanent über die Kaimauer, sodass es kaum möglich ist trocken irgendwohin zu kommen. Ein außerhalb des Hafens festgemachtes Zeesboot reißt seinen halben Steg ab und hüpft wild durch die Wellen. Angesagt sind für Kap Arkona 11 Windstärken und für die östlichen Boddengewässer 5m Welle.
Eindeutig hat der Herbst Einzug gehalten, aber Gott sei Dank ist es wenigstens die ganze Zeit trocken. Da ist es grade noch auszuhalten, dass sich die Temperatur von 25°C am Anreisetag auf nun ca. 15°C reduziert hat.
Donnerstag geht es wieder aufs Wasser und wir wiederholen das An- und Ablegen nun an der Prüfungspier und fahren bei ordentlich Wind auch noch ein paar Boje über Bord Manöver. Und es gibt noch 2 lange Wetter- und Theorieabende vor der Prüfung am Samstag.
Und dann gibt es Samstag die Prüfung, die zwar etwas länger als auf einer Yacht dauert, aber bei der alle bestehen. Anschließend fahren wir sehr erschöpft wieder Richtung Heimat und können unsere Radarkenntnisse auf dem stockdunklen, noch etwas welligem Greifswalder Bodden direkt zum Einsatz bringen.